Die sagenumwobene Gestalt des Patanjali gilt als der „Vater“ des Yoga. Sein Name beinhaltet die Sanskrit Begriffe „pat“ (=“meisterhaft“, manchmal auch als „fliegen“ oder „vom Himmel fallen“ übersetzt) und „anjali“ (Verbeugung/ Verneigung), somit beinhaltet schon der Name eine Verneigung vor dem Meister oder der meisterhaften Leistung, die er mit der Ausarbeitung seiner Sutren ausgeführt hat.
Der Sanskrit Begriff „Sutra“ bedeutet „Faden/ Kette“ und bezeichnet kurze Lehrverse, die sich ähnlich wie Perlen auf einer Kette zu einem umfassenden Lehrwerk, den „Sutren“ verbinden.
Es wird vermutet, Patanjali habe zwischen dem zweiten und vierten Jahrhundert unserer Zeitrechnung gelebt. Kommentare von Vyasa in der Yogasutrabhasya beziehen sich bereits im 5. Jahrhundert auf seine Schriften.
Allerdings ist kaum etwas über die Lebensgeschichte des Patanjali bekannt. Manchmal wird angeführt, unter diesem Namen sei einfach nur das bis dahin, mündlich überlieferte Wissen, der damaligen Zeit zu den Themenbereichen Yoga, Ayurveda und Grammatik zusammengefasst worden.
Eine Legende besagt, Patanjali sei der Sohn der weisen Eremitin Gonika gewesen. Diese fand, da sie eine Frau war, keine Schüler oder Anhänger, um ihr Wissen weiterzugeben. So soll sie inständig zum Sonnengott Surya um den Erhalt eines Schülers gebetet haben. Woraufhin eine kleine Schlange vom Himmel in ihre Hände fiel und darum bat, ihr Schüler sein zu dürfen. Diese Schlange verwandelte sich später in einen Jungen. Daher wird Patanjali auf Bildnissen zumeist als Mischwesen mit dem Gesicht eines Mannes, der die Hände in Gebets Haltung (= „Anjali mudra“) zusammengeführt hat und dem Unterkörper einer Schlange dargestellt, über dessen Kopf sich, wie ein Schirm, eine vielköpfige Schlange auffächert.
In anderen Erzählungen wird Patanjali als der Sohn eines Sanskrit-Grammatikers namens Panini anerkannt.
Die Yoga Sutren des Patanjali jedenfalls, sind eine alte und sehr wichtige Schrift des Yoga, auf die sich viele Yoga Stile beziehen oder stützen. In Form des Ashtanga („Asht“ =acht und „anga“= Weg/Pfad) wird ein Übungsweg mit 8 Stufen beschrieben. Diese 8 Stufen sind nacheinander oder zum Teil auch parallel zu meistern, um das Ziel zu erreichen.
Wenn man schon einmal versucht hat ruhig zu sitzen und die Gedanken zu konzentrieren, was eine Vorstufe der Meditation ist, wird einem aufgefallen sein, dass das gar nicht so einfach ist. Zunächst findet man vielleicht keinen bequemen Sitz, dann schweifen die Gedanken ab, später schlafen einem vielleicht sogar die Füße ein, man ist plötzlich gelangweilt oder fragt sich vielleicht sogar, was das denn nun bringen soll.
Der achtfache Pfad des Patanjali ist eine Art Leitfaden, durch dessen Hilfe es uns gelingen kann, genau diese und andere Hindernisse (=Kleshas), die unseren Geist (und damit zuweilen auch unseren Körper) aus der Ruhe bringen können und damit zu (noch mehr Leid führen), zu überwinden.
Dieses acht Stufen bieten uns, auch in unserer heutigen Zeit, konkrete, praktische und sehr lebensnahe Vorgehens- und Verhaltensweisen an. (So bereiten zum Beispiel die Asanas darauf vor, überhaupt über Stunden im Schneidersitz auf der Erde sitzen zu können, um zu meditieren.)
Alle 8 Stufen bedingen sich gegenseitig, bauen aufeinander auf, ergänzen sich und bilden somit eine Einheit.
Die ersten fünf Stufen (Yama, Niyama, Asana, Pranayama und Pratyahara) werden als Kriya Yoga bezeichnet, als praktischer oder zielgerichteter Yoga.
Die letzten drei Stufen (Dharana, Dhyana und Samadhi) werden Raja Yoga oder königlicher Yoga genannt. Manchmal werden sie auch mit Samyama, der Umgang mit dem Geist, umschrieben.
Der achtgliedrige Pfad auf einen Blick
- Yama – der Umgang mit der Umwelt
- Niyama – der Umgang mit sich selbst
- Asana – der Umgang mit dem Körper
- Pranayama – der Umgang mit dem Atem
- Pratyahara – der Umgang mit den Sinnen
- Dharana – Konzentration
- Dhyana – Meditation
- Samadhi – das Höchste: die innere Freiheit